Richtig tun führt weiter als falsch planen.
Sind Sie heute, was Sie damals geplant hatten zu werden? Die meisten Karrieren sind nicht geplant. Sie beruhen darauf, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein, die richtigen Leute gekannt zu haben und mit seiner Kompetenz gefragt gewesen zu sein. Im Rückblick erscheinen Karrieren und Erfolgsgeschichten wie Kausalketten, auch wenn sie vor allem durch Zufälle geprägt sind. Im Vorausblick aber waren die später erzielten Erfolge unsichtbar, unbekannt und undenkbar. Sie entstanden im Tun. Auf dieser Beobachtung beruht die unternehmerische Entscheidungslogik von Effectuation.
Das Ende der Planwirtschaft
Weder eine Berufskarriere noch ein erfolgreiches Geschäft sind rein auf Zufälle zurückzuführen. Erfolg beruht darauf, sein Glück zu nutzen, sich nicht auf ein Ziel zu versteifen, sondern flexibel Chancen zu erkennen und einen Versuch zu wagen. Das klassische Management setzt sich Ziele und macht Ressourcen frei, diese Ziele zu erreichen. Ob diese Ziele realistisch sind, tatsächlich erreicht werden, ob die Ressourcen ausreichen und die Welt in Zukunft nicht vielleicht eine andere sein wird als noch zu Beginn der Planung, ändert am klassischen Businessplan nichts. Im besten Falle wird er angepasst, in anderen Fällen scheitert er.
Die DNA erfolgreicher Unternehmen und Projekte beruht in der Regel nicht auf Planwirtschaft, sondern auf dem ersten Schritt. Es war die Kognitionsforscherin Saras Sarasvathy, die nach profunden Befragungen ausgewiesen erfolgreicher Unternehmer feststellte, dass unternehmerischer Erfolg nicht auf strategischen Planungsprinzipien, sondern auf der Logik unmittelbaren Handelns beruht. Es ist wie Indien anpeilen und Amerika entdecken.
Kochen, was im Kühlschrank ist
Sarasvathy vergleicht die unterschiedlichen Herangehensweisen von klassischer Planung und Effectuation mit der Zubereitung eines guten Essens. Im klassischen Management würde nach einem Menu gesucht, würden die Zutaten eingekauft und dann gekocht. Ist es ein neues Rezept, ist die Fehlerquote hoch. Ändern sich die Rahmenbedingungen, weil die Gäste vielleicht zu spät kommen oder jemand von ihnen gerade eine Magenverstimmung hat, wird das Rezept obsolet.
In der Handlungslogik von Effectuation bestimmt das Menu, was im Kühlschrank ist. Es beruht auf vorhandenen, klar quanti- und qualifizierbaren Ressourcen, auf Machbarkeit und kann flexibel den Bedürfnissen der Gäste und den Umständen angepasst werden. Zudem: Wo improvisiert wird, können sich auch alle der Tischgemeinschaft einbringen. Die Talente, Vorlieben und Kompetenzen der Gäste tragen nicht nur zum guten Gelingen des Essens bei – ich weiss, tanti cuochi guastono il pasto – sondern auch zum guten Gelingen des Abends. Denn alle Beteiligten sind nun Schmiede ihres gemeinsamen Glücks.
Die 5 Prinzipien von Effectuation
Saras Sarasvathy identifiziert 5 Prinzipien in der unternehmerischen Entscheidungslogik von Effectuation. Das Grundprinzip beruht darauf, auf Vorhersagen der Zukunft zu verzichten und stattdessen auf deren aktive Gestaltung zu setzen.
1. Nicht-vorhersagende Kontrolle
Gebrochen wird mit der Ansicht, dass man die Zukunft in dem Masse steuern kann, wie man sie vorhersehbar macht. Effectuation postuliert hingegen, dass man alles, was man steuernd beeinflussen kann, nicht vorhersagen muss. Die Zukunft wird mit dem, was man hat, Schritt für Schritt kreiert.
2. Mittelorientierung
Die verfügbaren Mittel lassen sich mit drei Fragen bestimmen: Wer bin ich, was will ich? Was kann ich, was habe ich? Wen kenne ich, wen hole ich ins Boot?
3. Leistbarer Verlust
Die Überlegung ist nicht, «welchen Gewinn werde ich erzielen», sondern, «was kann ich mir leisten, in ein neues Projekt zu investieren, ohne dass mich der Verlust meiner Investition gefährdet?« Anders gefragt: «Was ist mein leistbarer Verlust?» Der leistbare Verlust und die verfügbaren Mittel eröffnen Handlungsoptionen.
4. Partnerschaften
Effectuation Entrepreneurs gehen Partnerschaften mit denen ein, die bereit sind, unter Ungewissheit verbindliche Vereinbarungen einzugehen und eigene Mittel zur Gestaltung einer Gelegenheit beizutragen. Mit jeder neuen Partnerschaft entstehen neue Potenziale.
5. Umstände und Zufälle nutzen
Unerwartetes, Zufälle und besondere Umstände können in unternehmerische Gelegenheiten transformiert werden.
Man könnte Effectuation auch mit dem Slogan »Just do it« umschreiben. Es geht darum, etwas zu wagen, ergebnissoffen Prozesse einzuleiten, Kooperationen zu nutzen, die Investition von Zeit und Geld nach Ermessen festzulegen und offen zu sein, um auf veränderte Bedingungen kreativ zu reagieren.
Gerade in unsicheren Zeiten wie wir sie heute erleben, ist Planung eine Illusion. Dennoch sind wir gefordert, etwas zu tun, um voranzukommen. «Wer bin ich?», «Was will ich?» «Was kann ich?», »Was bin ich bereit zu investieren?« und »Wer hat ein Interesse, mit mir mitzuziehen?« Dies sind die Grundfragen von Effectuation. Man kann sie sich jederzeit stellen, hier und jetzt. Und dann: Los!